Zusammen mit elf afrikanischen Ländern hat die Bundesregierung in Afrika ein Klimaforschungszentrum einrichten lassen. Jetzt will sich Deutschland zurückziehen und das Ruder ganz den afrikanischen Wissenschaftlern überlassen. Das Institut soll zu einem international anerkannten Wissenschaftsstandort werden – und den Bauern im Land helfen.
Günter Nooke im Gespräch mit Regina Brinkmann
Es kommt selten vor, dass Bundesforschungsministerin Johanna Wanka gleich neun Ministerkollegen aus Westafrika zu Besuch hat. Sie sind auf Einladung der Ministerin nach Berlin geflogen, um über die Zukunft des gemeinsamen Klimaforschungszentrums WASCAL zu diskutieren. WASCAL, das Abkürzungsmonstrum steht für „West African Science Center on Climate Change“, zu deutsch: Forschungszentrum für Klimawandel und angepasstes Landnutzung in Westafrika“. Es ist eine einzigartige Initiative in der wissenschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit zwischen Afrika und Deutschland. Erstmals wurde ein Forschungszentrum für eine ganze Region aufgebaut, nicht als kurzfristiges Projekt, sondern als dauerhafte Institution. Ziel sei, langfristig eigene Forschungskapazitäten in Afrika zu schaffen und zu erhalten, erklärte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka.
„Das heißt Aufbau von Kompetenzen, gemeinsam mit Afrika, also keine Forschung für Afrika oder in Afrika, sondern mit Afrika auf Augenhöhe.“
Die zehn beteiligten Länder wurden von Anfang mit in die Verantwortung genommen, organisatorisch und in geringem Maße auch finanziell. Bei der heutigen Sitzung nun geht es darum, wie das Zentrum, dessen Aufbau vom Bundesforschungsministerium mit 50 Millionen Euro gefördert wurde, langfristig ganz in die afrikanische Finanzierung übergehen kann. Eine Möglichkeit wäre, dass die westafrikanische Wirtschaftsunion ECOWAS, das Pendant der EU in Westafrika, als Träger einsteigt. Der Wissenschaftsminister Ghanas, Mahama Ayariga, unterstrich die Bedeutung des Zentrums für die gesamte Region.
„Diese Infrastruktur ist absolut notwendig, um die Länder in die Lage zu versetzen, die negativen Folgen des Klimawandels zu bekämpfen, denen wir zunehmend ausgesetzt sind. Wir glauben, dass es ein exzellentes Modell ist, das auf der ganzen Welt Nachahmer finden könnte, erklärte Ayariga.“
Konkrete Handlungsempfehlungen für Regierungen und Landwirte
Mit dem Schwerpunkt Klimaforschung widmet sich WASCAL einem der drängendsten Themen in der Region.
„Gerade das westliche und das südliche Afrika wird extrem in den nächsten 15 bis 35 Jahren unter Klimawandeleffekten leiden, insbesondere in Bezug auf höhere Temperaturen und unsichere Niederschlagsmengen.“
Sagt Christian Borgemeister, Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn, das als deutscher Projektpartner für WASCAL fungiert. Die milliardenschwere internationale Klimaforschung hat sich bislang wenig um Afrika gekümmert. Hier gebe es ein großes Forschungsdefizit, betont Borgemeister, zum Beispiel bei der Berechnung von präzisen Klimaprognosen für die Region. Darüber hinaus wird erforscht, wie sich die größtenteils von Niederschlägen abhängige Landwirtschaft auf die Veränderungen einstellen kann – teilweise auch durch die Rückbesinnung auf altes Wissen der Bauern. In den letzten Jahrzehnten etwa habe Mais die Hirse als Hauptnahrungsmittel abgelöst.
„Da sind sehr viel auch wirtschaftliche Interessen, die dahinter steckten, dass Mais sehr stark propagiert wurde. Unter Klimawandelaspekten: Keine ideale Cerealie. Ganz im Gegenteil. Da gibt es Arten, die sehr viel adaptierter an aridere Bedingungen sind: Sorgum, Hirse. Und das ist beispielsweise lokales Wissen.“
WASCAL wird von den Ländern Benin, Burkina Faso, Gambia, Ghana, Elfenbeinküste. Mali, Niger, Nigeria, Senegal und Togo mitgetragen. Die Pläne sind ehrgeizig: Das Zentrum möchte als afrikanischer Wissenschaftsplayer international mitreden und der Region mehr Gehör verschaffen. Mittlerweile werden über 160 Nachwuchswissenschaftler in Graduiertenkollegs ausgebildet, davon 40 gefördert über Stipendienprogramme. Die Forschungsergebnisse sollen in konkrete Handlungsempfehlungen für die afrikanischen Regierungen einfließen, aber auch privaten Bauern zur Verfügung stehen.